ArbeitsrechtDas wiederholte Zuspätkommen ist keine Bagatelle

November 10, 2021

Das wiederholte Zuspätkommen kann eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen

 

Kommt ein Arbeitnehmer an vier aufeinanderfolgenden Arbeitstagen zu spät zur Arbeit, kann das wiederholte Zuspätkommen die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen. Zeigt der Arbeitnehmer zudem kein Unrechtsbewusstsein, bedarf es auch keiner vorherigen Abmahnung des Fehlverhaltens. Zu diesem Ergebnis kam das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein in seinem Urteil vom 31.08.2021 – 1 Sa 70 öD/21.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Eine seit 2006 beschäftigte Serviceangestellte bei einem Sozialgericht in Schleswig-Holstein erhielt mit Schreiben vom 31.10.2019 eine fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung. Begründet wurde die Kündigung mit der wiederholten Verspätung. Die in der Poststelle des Gerichts eingesetzte Arbeitnehmerin war an den vier Tagen, an denen sie zu spät kam, die einzige Mitarbeiterin in der Poststelle. Ihre verspätete Arbeitsaufnahme begründete sie mit der Einnahme von Medikamenten und dem damit einhergehen Schlafmangel.

Entscheidung des Arbeitsgerichtes:

Nach Erhalt der Kündigung erhob die Arbeitnehmerin Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht.

Das Arbeitsgericht Flensburg kam nach Durchführung einer Beweisaufnahme zu dem Schluss, dass die ausgesprochene fristlose Kündigung unwirksam ist, die ordentliche verhaltensbedingte Kündigung hingegen hielt das Arbeitsgericht für wirksam.

Gegen die erstinstanzliche Entscheidung legte die Klägerin beim Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein Berufung ein.

Entscheidung des LAG: Die ordentliche Kündigung wegen wiederholter verspäteter Arbeitsaufnahme ist wirksam

Auch das LAG vertrat die Auffassung, dass das wiederholte Zuspätkommen der Klägerin die ordentliche Kündigung rechtfertigen. Die Arbeitnehmerin habe ihre vertragsgemäße Verpflichtung zur pünktlichen Arbeitsaufnahme wiederholt verletzt. Der von ihr angeführte Schlafmangel sei nicht geeignet, die Verspätungen zu entschuldigen. Denn diese seien ihren privaten Lebensumständen zuzurechnen und nicht geeignet, die Pflichtverletzungen zu entschuldigen.

Einer Abmahnung der Klägerin bedurfte es vor Ausspruch der ordentlichen Kündigung nicht:

Das LAG hielt eine vorherige Abmahnung vor Ausspruch der Kündigung für entbehrlich. Zwar sei grundsätzlich vor Ausspruch einer verhaltensbedingten ordentlichen Kündigung in aller Regel eine einschlägige Abmahnung erforderlich. Einer solchen bedarf es nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes in folgenden Fällen nicht:

  •  wenn bereits zum Zeitpunkt der Kündigungsaussprache erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach einer Abmahnung nicht zu erwarten ist
  • es handelt sich um eine so schwere Pflichtverletzung, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich ausgeschlossen ist.

Eine Abmahnung könne also im Einzelfall dann entbehrlich sein, wenn besondere Umstände belegen, dass diese nicht erfolgversprechend gewesen wäre. Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn erkennbar ist, dass der Arbeitnehmer gar nicht gewillt ist, sich vertragsgerecht zu verhalten.

Im vorliegenden Fall war das LAG davon überzeugt, dass die Klägerin nicht gewillt war, ihr Verhalten zu ändern. So habe sie trotz der wiederholtem Zuspätkommen keine Maßnahmen ergriffen, ein erneutes Verschlafen zu verhindern. Überdies habe sie in der mündlichen Verhandlung sich dahingehend erklärt, dass es nicht so schlimm sei, wenn sie zu spät komme. Hieraus zog das LAG den Rückschluss darauf, dass es der Klägerin an einem Unrechtsbewusstsein fehle, was eine Abmahnung vor Ausspruch der Kündigung überflüssig mache. Das wiederholte Zuspätkommen rechtfertigte damit die ausgesprochene Kündigung.

Fazit:

Kommt ein Arbeitnehmer mal zu spät zur Arbeit, ist dies gewiss noch kein Grund für eine Kündigung. Wiederholt sich hingegen dieses Verhalten und lässt sich der Arbeitnehmer von einer Abmahnung nicht beeindrucken oder lässt sonst wie erkennen, dass er nicht gewillt ist, sein Verhalten zu ändern, muss der Arbeitgeber das Fehlverhalten des Arbeitnehmers nicht hinnehmen und kann eine Kündigung aussprechen.

Hieran wird deutlich, dass ein wiederholtes Zuspätkommen keine Bagatelle ist und ernsthafte arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann.

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Hier kann das vollständige Urteil nachgelesen werden

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